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Source: Riebe’s Fachblatt, nr.29, 1975-07, p.15
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POPOL VUH – Das Hohelied Salomo’s

Popol Vuh, dieser Name stammt aus der alten Inka-Kultur und bedeutet soviel wie „Alles oder Gott“, gehört, obwohl von vielen bereits totgesagt, auch heute noch zur sogenannten Deutsch-Rock-Szene. War Florian Fricke früher noch allzusehr in seinen Synthesizer verliebt, verlor er sich in Klangspielereien, die keiner mehr verstehen wollte und konnte, kehrt nun mit dieser, fünften LP auf den harten Boden der Realität zurück. „Das Hohelied Salomos“ ist eine Zusammenfassung all seiner musikalischen Erfahrungen bisher. Die Texte stammen aus der Bibel und werden sozusagen zu Beginn eines jeden Titels mehr störend als harmonisch eingeflochten. Oft unverständlich, aber dennoch akzeptabel.

Was mich persönlich anspricht, ist die klare Gliederung der Musik, das exakte Spiel Frickes auf dem Piano und die sehr gelungene Drumarbeit Daniel Fichelscher, der mittlerweile eine recht umfangreiche Gruppenerfahrung sammeln konnte. So zum Beispiel bei SAMETI und AMON DÜÜL II. Anfang 1972 ging er zu POPOL VUH, zunächst als Gitarrist. Das Trio wird komplettiert durch Djong Yun. Die Tochter eines koreanischen Komponisten. Sie soll – laut Begleittext der Plattenfirma – eine glokkenreine Sopranstimme haben, aber entweder ist das Album so mies abgemischt oder im PR-text wurde mal wieder übertrieben.

Dennoch ist “Das Hohelied Salomos“ eine durchaus gelungene Produktion, die sich bei weitem vom herkömmlichen, sogenannten „freaky sound“ unterscheidet. Hier herrscht eine klare Konzeption vor! Man spielt nicht einfach wild drauf los, sondern legt vor allem viel Wert auf Kooperation. Ein paar Bemerkungen im Einzelnen: „Steh auf, zieh mir nach“ hört sich zunächst chaotisch an, und man ist versucht, alte Vergleiche anzustellen.

Aber schon bald erkennt man die bereits erwähnte klare Struktur der Komposition. Ein exaktes Spiel der einzelnen Instrumente. Nicht mehr so versponnen wie bis dato hinlänglich bekannt. Trotzdem Musik, die anspricht und zum Träumen viel Platz läßt. „Du schönste der Weiber“ basiert auf einer sehr simplen Melodie, die aber durch eine hervorragende E-Gitarre zur vollen Reite kommt. Selbst der Rock bricht dann und wann durch, zwar nur andeutungsweise, aber erkennbar. „Du Sohn David‘ s“ besitzt dieses rockige Grundschema, das zwar etwas monoton wirkt, aber durch gute Gitarrenarbeit eine ideale Basis ergibt. Alles in allem bleibt zu sagen, daß Fricke gut daran getan hat, seinen Synthesizer in die Ecke zu stellen, um sich auf das Klavier zu besinnen. Denn in dieser Manier gespielt, bietet er zusammen mit Yun und Fichelscher eine rechte Bereicherung für jede Plattensammlung, auch der der Elektro-Rocker, denn Erholung muß auch mal sein!