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Bron: Pop, nr.17, 1973
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Neue Formation und neue Lp Veröffentlichung

 

Im frühjahr 1969 entwickelte sich die Gruppe Gila aus Stuttgarter Polit-Kommune. Die Erfahrungen von Conny Veit (Gitarre, Perkussionsinstrumente), Fritz Scheyhing (Orgel, Mellotron), Walter Wiederkehr (Bass) und Daniel Alluno (Schlagzeug) von anfänglicher Aggression bis hin zu endgültiger Kommunikation war die Entstehungsgeschichte ihres Anfang 1972 erschienenen ersten Albums ‚Gila‘.

Zum Zeitpunkt der Plattenveröffentlichung hatte sich Conny Veit jedoch bereits von Fritz, Walter und Daniel getrennt und war nach München umgesiedelt, wo er heute mit Sabina Merbach zusammenlebt, die als Sängerin gleichzeitig  mit ihm den Kern der neuen Gila-Formation bildet.

Gemeinsam mit Popol Vuh Vater Florian Fricke (Piano, Mellotron, Synthesizer) und Amon Düül-Mitglied Daniel Fichelscher (Bass, Schlagzeug, Perkussionsinstrumente) entstand Anfang dieses Jahres das Zweite Gila-Album „Bury my Heart at Wounded Knee‘.

Conny: „Es ist nun genau ein Jahr vergangen, seit mir ein Freund das Buch ‚Bury my Heart at Wounded Knee’ empfahl – einen Band über die Geschichte und Lebensweise der Indianer.

Ich war sehr erschüttert die grausame Offenheit dieses Buches und wurde immer wieder tief beeindruckt von den reichhaltigen Selbstzeugnissen der Indianer. Reden und Mahnungen einiger Häuptlinge gaben mir ein genaues Bild von dem, was sich vor nicht mehr als hundert Jahren ereignet hat. Die ‚Weissen’ haben mit unbeschreiblicher Arroganz ihre Kultur in einem fremden Land behauptet. Das Bild vom wilden, unzivilisierter Indianer hat nie der Wahrheit entsprochen. Ich bin sogar der Meinung, dass die indianische Kultur auf höherem Niveau stand als die der Europäer, weil sie ihren ethischen Ansprüchen in der Praxis mehr gerecht wurde. Nie würde ein Indianer in den Lauf der Natur eingreifen, ohne die Bedeutung und Auswirkung seines Tuns schon im voraus zu erkennen. Deshalb haben die Indianer schon sehr früh gewusst, wo die Schwächen unserer Zivilisation zu suchen sind: in der Psyche jedes Einzelnen von uns. Ich nehme für mich in Anspruch  zu sagen, ich fühle mich nicht wie ein Europäer – eher wie ein Indianer. Das ist im grossen und ganzen meine Motivation dafür, sass unsere Platte den Titel ‚Bury my Heart at wounded Knee‘ trägt, und dass ich dafür indianische Texte verwendet habe„. Conny Veit ist jedoch weit davon entfernt, sich nun eine Indianenfeder ins Haar zu stecken und gegen die ‚Weissen‘ auf den Kriegspfad zu gehen. Er hat es auch weitgehend vermieden Indianermusik zu kopieren.

Conny: „Erstens wäre er misslungen, und zweitens wollte ich meinen Texten ein persönliches gefühl geben. Der Text gewinnt für mich mehr und mehr an bedeutung, weshalb meine Stücke auch immer liedhafteren Charakter bekommen. Die instrumentalen Elemente sollen ‚öffnen‘ und den Weg zum Text bereiten.

Jede Musik versucht im Menschen einen bestimmten Gefühlsbereich anzusprechen. Es gibt Bereiche, die leicht anzusprechen sind, und andere bei denen er schwieriger ist. Popmusik wendet sich grössenteils an den einfacher zu aktivierenden sexuellen, animalischen Bereich. Die geistige Dimension wird druch diese Musik nur selten berührt.

Ich versuche, eine Musik zu machen, die ebenso die psychsche wie die physische Sphäre im Menschen berührt.“

Eine tief empfindsame Musik mit inhaltsschwerem gesungenen Ausdruck.