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Bron: Pop, nr.5, 1971
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Die Macht des Moog

Popol Vuh macht Musik. Deshalb ist Popol Vuh keine Musikgruppe, sondern eine Gruppe von Menschen, die zusammenleben und die meiste Zeit damit verbringen, Musik zu machen. Musik wird gemacht mit einem Moog-Synthesizer – mit dieser gigantischen elektronischen Musikmaschine, mit der sich an die sieben Milliarden verschiedene Klänge erzeugen lassen.

Florian Fricke, Frank Fiedler und Holger Trülzsch leben in einem alten Pfarhof in Peterskirchen bei Wasserburg. Eine Menge guter Leute ist immer da – und sie machen in der Mitte des Hofs Musik. Mit der Zeit entsteht ein Klangraum wie in einem Ei auf den Bildern van Hyronimus Bosch. Der Synthesizer ermöglicht es, jeden nur gedachten Klang zu verwirklichen – und in jedem Klang manifestiert sich ein anderes menschliches Gefühl. Ein gepresster Klang vermittelt, gepresste Gefühle und ein offener Entspannung. Popol Vuh ist beispielsweise in der Lage, Rhythmus an der Maschine zu entwickeln die der Fallangst entsprechen. Die Musik, die man mit dem Moog machen kann, umfasst also die Empfindungsmöglichkeiten des Menschen schlechthin.

Als Reproduktionsgerät bekannter Töne ist der Synthesizer für Popol Vuh völlig uninteressant, Popol Vuh wollen mit dem Moog vielmehr Klänge erzeugen, die sie noch nie gehört, immer nur geahnt haben. Florian, Frank und Holger machen so den elektrischen Ton zur Nachbildung einer umfassenden Erfahrung – es wird ein neues Lebensgefühl vermittelt, in dem mit der Musik durch Rückerinnerung Unbewusstes bewusst gemacht wird.

Die beiden ‚Dauerstücke’ der ersten LP van Popol Vuh ‚Affenstunde’ zeigten, wie sich das anhört: Vogelzwitschern, lang anhaltende, leicht vibrierende Klänge, teilweise unterlegt mit Flötenpassagen oder Bongos. Wer sich das nicht sehr gut anhört, wird sich mit Sicherheit nicht angesprochen fühlen. Wer aber mit dem Wunsch zu erfahren in die Musik eintritt – sich anvertraut, wird die Musik als seine eigenen Gefühle erkennen. Denn so, meint Popol Vuh: ‚Wenn du Angst vor deinen Gefühlen hast, dann wirst du auch bei der Musik Angst haben. Wenn du Freude hast an dem, was in der ist, dann wirst du dich finden in unserer Musik – dann ist dir, als würdest du dich träumen‘.